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Wie die Regierung gegen Kriminalität im Netz vorgehen will
Zur Bekämpfung von Kriminalität im Netz sollen Internetanbieter IP-Adressen künftig drei Monate speichern. Das geht aus einem Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hervor, über den zuerst die «Bild am Sonntag» berichtete. «Bei Kinderpornografie, Online-Betrug und strafbarem Hass im Netz gilt bisher: Täter kommen viel zu oft davon. Das wollen wir ändern», sagte die SPD-Politikerin der Zeitung. Während Teile der Opposition die Lösung für falsch und rechtswidrig halten, wünscht man sich bei der Polizei sogar härtere Regeln.
Der Gesetzentwurf, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, ist in der Bundesregierung noch nicht abgestimmt. Die dreimonatige Speicherfrist ist aber eines der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD. Nach einem Beschluss der Bundesregierung müsste sich auch der Bundestag noch mit dem Thema befassen.
Hubig: IP-Adressen-Speicherung kann Ermittlern helfen
Die IP-Adresse ist quasi die Anschrift eines Computers im Internet, mit der dieser identifiziert werden kann. Sie wird vorübergehend vergeben. Die Internetanbieter sollen nun vorsorglich speichern, welchem Internetanschluss eine IP-Adresse zu einem fraglichen Zeitpunkt zugeordnet war, wie es aus dem Justizministerium hieß. Gespeichert werden sollen demnach auch weitere Daten, die für eine eindeutige Zuordnung der IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber nötig sind.
IP-Adressen seien oft die einzigen Spuren, die Täter im digitalen Raum hinterlassen, sagte die Ministerin der «Bild am Sonntag». «Die IP-Adressen-Speicherung kann den Ermittlern entscheidend helfen: Sie sorgt dafür, dass digitale Spuren auch später noch verfolgt werden können, wenn das für die Aufklärung einer Straftat erforderlich ist.»
Opposition: Massenüberwachung und Grundrechtsaushöhlung
Die Grünen finden den Ansatz trotzdem falsch. «Union und SPD planen offenkundig den Wiedereinstieg in die anlasslose Massenüberwachung im Internet», warnte Rechtspolitiker Helge Limburg im «Stern». Alle bisherigen Versuche, eine anlasslose flächendeckende Vorratsdatenspeicherung einzuführen, seien von Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof gekippt worden. «Anstatt erneut mit dem Kopf gegen dieselbe Wand zu rennen, sollten sich Union und SPD endlich auf wirksame Alternativen besinnen», forderte der Grünen-Politiker.
Die Innenpolitik-Expertin der Linken, Clara Bünger, kritisierte ebenfalls alte Reflexe. «Ich habe dabei ein massives Störgefühl: Ausgerechnet dort, wo es auf den Schutz von Grundrechten und die Vertraulichkeit der Kommunikation ankommt, wird anlasslos in der Breite gespeichert», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. «Das ist schleichende Grundrechtsaushöhlung und ein Generalverdacht gegen alle.» Das Problem seien gar nicht fehlende Daten, sondern das Fehlen gut ausgebildeter Ermittlerinnen und Ermittler und digitaler Forensik.
Vorratsdatenspeicherung seit langem umstritten
Das Thema steht schon länger auf den Agenden deutscher Regierungen. Wegen rechtlicher Unsicherheiten wird die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung seit 2017 nicht mehr genutzt. In Zeiten der Ampel-Regierung scheiterte eine Neuregelung an Uneinigkeit unter den Koalitionspartnern – besonders die FDP war gegen eine Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen.
FDP-Chef Christian Dürr erneuerte die Kritik seiner Partei. «Gegen jeden Bürger ohne Anlass zu ermitteln, ist eines Rechtsstaats nicht würdig. Um Verbrechen im Netz zu bekämpfen, gibt es effektivere und rechtssichere Lösungen», sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Kritiker fürchten eine Aushöhlung von Grundrechten durch die Vorratsdatenspeicherung. Hubig betonte deren Schutz. «Die Vertraulichkeit von Kommunikation bleibt strikt gewahrt. Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile sind ausgeschlossen.» Der Gesetzentwurf schaffe eine Lösung, die wirksam sei und gleichzeitig die Freiheit im Netz wahre, sagte die Justizministerin.
Gewerkschaft der Polizei für längere Speicherzeit
Bei der Polizei teilt man die Bedenken ebenfalls nicht. Die Gewerkschaft der Polizei wünscht sich sogar eine längere Speicherzeit. Ermittlungen bei Straftaten seien oft so umfangreich und international, so dass drei Monate nicht ausreichten, sagte der GdP-Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. «Da sind monatelange Verfahren, Absprachen und Recherchen oftmals keine Seltenheit.»