Hoffnung auf schnelle Lockerung der Ausgangsbeschränkung gedämpft

Österreich hat seine strengen Beschränkungen in der Corona-Krise leicht gelockert - in Deutschland steht eine Entscheidung über erste Schritte zurück in die Normalität noch bevor. Politiker dämpfen zu hohe Erwartungen.

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder stehen vor weitreichenden Entscheidungen: An diesem Mittwoch wollen sie entscheiden, wann und in welchem Umfang in Deutschland die Einschränkungen in der Corona-Krise wieder gelockert werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte am Dienstag vor einem «Überbietungswettbewerb» und plädierte für einen «besonnenen Weg». Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) ging davon aus, dass sich in der Hauptstadt in der kommenden Woche noch nichts ändern wird.

 

Söder fordert Maß und Mittel bei Lockerung der Corona-Maßnahmen

Vor den Beratungen von Bund und Ländern über Wege aus den scharfen  Anti-Corona-Maßnahmen hat Bayerns Regierungschef Markus Söder vor einem Überbietungswettbewerb gewarnt. «Wir brauchen einen sicheren und besonnenen Weg aus der Corona-Krise», schrieb der CSU-Chef am Dienstag auf Twitter. Vorsichtige Erleichterungen könne es nur mit zusätzlichem Schutz geben. «Es sollte kein Überbietungswettbewerb entstehen, der die Menschen verunsichert», schrieb er. Maß und Mitte seien gefragt. An diesem Mittwoch wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder einer Videokonferenz über das weitere Vorgehen im Kampf gegen das Coronavirus beraten. Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) ging am Dienstag davon aus, dass die Ausgangsbeschränkungen in der Hauptstadt nicht vor dem 27. April gelockert werden.

 

Rund 3000 Corona-Infozierte in Deutschland gestorben

In Deutschland sind bis Dienstagvormittag mehr als 126 600 Infektionen mit dem neuen Coronavirus registriert worden (Vortag: mehr als 124 100). Mindestens 2998 (Vortag: 2834) mit dem Erreger Sars-CoV-2 Infizierte starben bislang bundesweit. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die neuesten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts haben in Deutschland rund 68 200 Menschen die Infektion überstanden. Die höchsten Infiziertenzahlen weist Bayern mit mehr als 33 300 nachgewiesenen Fällen und mindestens 834 Toten auf. Experten rechnen auch in Deutschland mit einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle.

 

RKI rät zur Schulöffnung für höhere Jahrgänge

Anders als die Wissenschaftsakademie Leopoldina regt das Berliner Robert Koch-Institut (RKI) an, Schulen zuerst wieder für die höheren Jahrgänge zu öffnen. Es gehe dabei um die Annahme, dass Jugendliche Abstandsregeln besser einhalten könnten, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Dienstag. «Das ist eine Entscheidung der Politik», ergänzte er. Es gebe Gründe dafür und dagegen. Vieles sei ein Ausprobieren. Es gebe derzeit noch keine Hinweise darauf, dass die Coronavirus-Epidemie in Deutschland eingedämmt sei, betonte Wieler. Es sei aber gelungen, sie zu verlangsamen, vor allem durch das Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln. «Diese Disziplin sollten wir weiter beibehalten.»

 

Rund eine Million Schüler vor Abschluss von Pandemie betroffen

Geschlossene Schulen wegen der Corona-Pandemie ausgerechnet im Jahr des Schulabschlusses - davon sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bis zu 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler betroffen. Je nach Abgrenzung der Abschlussklassen können an allgemeinbildenden Schulen derzeit zwischen 962 000 und 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler nicht in die Unterrichtsräume zurückkommen, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit. Die Abschlussklassen der beruflichen Schulen seien in dieser Schätzung nicht enthalten.

 

Geschäfte in Österreich wieder offen - teils lange Schlangen

Nach vierwöchiger Schließung wegen der Corona-Krise haben in Österreich seit Dienstag wieder viele Geschäfte geöffnet. Von der Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen profitierten kleine Läden wie Buchgeschäfte, Parfümerien und Boutiquen. Auch Bau- und Gartenmärkte haben unter strengen Hygiene-Auflagen wieder aufgemacht. Vereinzelt bildeten sich schon vor der Öffnung lange Schlangen. Durch die Pflicht, einen Einkaufswagen zu nutzen, wurde die Zahl der Kunden begrenzt. Zu den Vorschriften zählt Abstandhalten und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Dies gilt auch für jeden, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist.

 

EU-Kommission schmiedet Pläne für Wiederaufbauprogramm

Die EU-Kommission erwägt ein über Anleihen finanziertes Wiederaufbauprogramm im Umfang von bis zu 1,5 Billionen Euro. «Ich könnte mir einen solchen Finanzrahmen vorstellen, entschieden ist aber noch nichts», sagte der für Wirtschaft zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis auf eine entsprechende Frage des «Handelsblatts» (Dienstag). Die EU-Finanzminister hatten vorige Woche einen Wiederaufbau-Fonds für die Zeit nach der Corona-Krise verabredet, aber Details offen gelassen.
 

Die morgige Pressekonferenz zu möglichen Lockerungen wird live auf Gong 96.3 übertragen.