Alles zur Organspende-Debatte

Das müsst ihr zum Thema Organspende wissen:

Berlin (dpa) - Der Bundestag hat eine moderate Reform der Organspenderegeln in Deutschland beschlossen. Die Bürger sollen künftig mindestens alle zehn Jahre beim Ausweisabholen auf das Thema angesprochen werden. Einem entsprechenden Entwurf einer Abgeordnetengruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock stimmten 432 Abgeordnete zu.
Zudem hat der der Bundestag die Einführung einer «doppelten Widerspruchslösung» für Organspenden klar abgelehnt. Der Entwurf einer Abgeordnetengruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), nach dem jeder Mensch bis auf Widerruf als Spender gelten soll, fand am Donnerstag keine Mehrheit.

Wiederspruchslösung

Mit der Widerspruchslösung wäre jeder automatisch als Organspender gelistet worden – außer man wäre aktiv geworden und hätte ausdrücklich widersprochen. Diese Regelung hat der Bundestag jetzt abgeschmettert, sich gleichzeitig aber für die Zustimmungslösung ausgesprochen. Das bedeutet: Jeder Bundesbürger soll künftig regelmäßig befragt werden, ob er Organspender werden will oder nicht – und das wird dann in einem Online-Register vermerkt.

Wir haben für euch die wichtigsten Fragen und Hintergründe zum Thema Organspende gesammelt und beantwortet:

Woher bekomme ich einen Organspendeausweis und was bestimmte ich damit?

Der von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) herausgegebene Organspendeausweis ist in vielen Apotheken, beim Arzt oder den Krankenkassen erhältlich. Ihr könnt ihn auch einfach hier herunterladen.  Wichtig ist, dass man den Ausweis immer bei sich trägt.

Diese Dinge könnt ihr auf dem Ausweis bestimmen:

Durch eine Unterschrift und Datum wird der Ausweis dann gültig. Die Entscheidung kann auch jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Dafür muss man den Ausweis nur entsorgen.

Gibt es bestimmte Voraussetzungen für Organspende?

Sobald man 16 Jahre alt ist kann man eigenständig Organspender werden. Eine Höchstaltersgrenze gibt es nicht!
Drogenabhängigkeit oder Hepatits B und C Infektionen sprechen nicht unbedingt gegen eine Organspende sprechen. Nur bei metastasierendem Krebsleiden, einer HIV-Infektion, der Creutzfeld-Jacob-Erkrankung oder einer chronischen Organfunktionsstörung ist eine Spende ausgeschlossen.

Wie und von wem wird der Hirntod festgestellt?

Der "Hirntod" bedeutet die unwiederbringlich erloschene Gesamtfunktion  des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms.

Die eindeutige Feststellung des Hirntodes muss durch mindestens zwei unabhängige Ärzte erfolgen, die über langjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen verfügen müssen und nicht dem Entnahme- oder Transplantationsteam angehören dürfen.

Die Bundesärztekammer hat genaue Richtlinien zur Feststellung des Hirntods veröffentlicht. Diese Beobachtungen müssen zwischen 12 und 72 Stunden wiederholt nachgewisen werden. Zu den technischen Untersuchungen gehören ein Null-Linien-EEG über mindestens 30 Minuten oder der Nachweis der fehlenden Hirndurchblutung.

Wenn ich einer Organspende zu Lebzeiten zugestimmt habe, wird dann in einer Notsituation alles getan, um mein Leben zu retten?

Ja! Ärzte sind dem Wohl des Patienten verpflichtet! Ziel: Ergreifung aller medizinischen Maßnahmen, das Leben des Patienten zu retten. Egal ob Spender oder nicht! 

Für Spender wird sogar teilweise mehr getan!

Gegenüber Gong 96.3 hat Birgit Blome, Verantwortlich für die Kommunikation bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation, sogar gesagt:

"Die Hauptbefürchtung bei vielen ist, dass, wenn sie einen Organspendeausweis haben, dann im Krankenhaus nicht alles für sie getan wird. Aber eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall. Und erst wenn keine Chance mehr besteht, denjenigen wieder gesund werden zu lassen, sondern wenn klar ist, der Hirntod ist eingetreten, dann kommt erst das Thema Organspende auf. Es wird nicht zu wenig für Organspender-Patienten getan, sondern es wird viel mehr getan."

Spielt mein Krankenversicherungsstatus bei der Vermittlung von Organen eine Rolle?

Nein! Der Status spielt keine Rolle! Verteilung erfolgt ausschließlich nach medizinischen Kriterien, wie Dringlichkeit und Erfolgsaussicht der Transplantation.

Welche Organe können gespendet werden?

Bei hirntoten Personen können Bauchspeicheldrüse, Blutgefäße, Darm, Gehörknöchelchen, Haut, Herz, Herzklappen, Hornhaut der Augen, Knochengewebe, Knorpelgewebe, Leber, Lunge, Niere, Sehnen und Teile der Hirnhaut gespendet werden.
Bei lebenden Personen können Nieren, die Leber und reproduzierbare Zellen oder Gewebe wie Blut, Knochenmark oder Eizellen entnommen werden.

Gilt der Spenderausweis auch im Ausland?

Weitgehend ja! Er hat auch im Ausland Gültigkeit, sofern die dortigen Regelungen eine Organspende zulassen. Die Regelungen sind allerdings sehr unterschiedlich:

  • In Deutschland USA, Dänemark, Griechenland, Großbritannien, Niederlande, Rumänien, Schweiz, Türkei, Weißrussland haben die (erweiterte) Zustimmungslösung.
  • Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn haben die Widerspruchslösung, d.h. jeder kann Organspender werden, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat.
  • Viele Länder wie China, Albanien, Kosovo, Kroatien, Irland, Litauen oder Malta haben keine gesetzlichen Regelungen, was teilweise zu einem regen Organhandel führt.

Hier haben wir für euch zusammengefasst, welche Regelungen in Europa gelten:

Was passiert mit dem Leichnam eines Spenders nach der Organentnahme?

Zu jedem Zeitpunkt gilt pietätvoller Umgang mit dem Körper des Toten. Keine Entstellung! Die Entnahme findet in einem normalen OP-Saal statt und die Ärzte verschließen operative Einschnitte wieder. Angehörige haben die Gelegenheit, in würdigem Rahmen Abschied zu nehmen.

Welche Erfolgsaussichten haben Organübertragungen?

Sehr gute! Beispielsweise 95% der Menschen nach Nierentransplantationen leben nach einem Jahr noch, 91% nach 3 Jahren. Bei Augenhornhaut besteht zu 80% noch volle Funktionstüchtigkeit nach 5 Jahren.

Wie ist gesichert, dass mit Spendenorganen kein Handel betrieben wird?

In Deutschland kann Organhandel ausgeschlossen werden!
Die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) hat in ihrem Kodex eine Kommerzialisierung abgelehnt. Außerdem verhindert eine lückenlose Dokumentation der Organspende und der Empfängerauswahl, dass Handel mit Spendenorganen betrieben wird.

In § 17 des Transplantationsgesetzes wird ein Verbot ausgesprochen, mit Organen Handel zu betreiben. Der Gesetzgeber sieht hierfür eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor.

A.Venzl
16.01.2020