Ukrainischer Präsident im Bundestag: "Zerstört die Mauer" 

Es war eine historische Rede: 10 Minuten lang hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an den Deutschen Bundestag gewandt und fand dort deutliche Worte.

Er bittet in einer Videoansprache an die Bundestagsabgeordneten um mehr Hilfe für sein Land. Die Sanktionen gegen Russland seien zu spät gekommen und zu schwach, um den Krieg zu stoppen. Zudem zögere Deutschland, die Ukraine in die EU und die NATO aufzunehmen. Das sei traurig, in Europa stehe wieder eine Mauer zwischen Freiheit und Unfreiheit. Selenskyj wandte sich direkt an Bundeskanzler Scholz und sagte, er solle diese Mauer zerstören.

Die Menschen in der Ukraine wollten frei leben und sich nicht einem anderen Land unterwerfen, sagt Selenskyj laut Übersetzung in einer Videobotschaft an die Abgeordneten des Bundestags. In seinem Land seien nun Zivilisten und Soldaten wahllos Ziel russischer Angriffe. «Wieder versucht man in Europa, das ganze Volk zu vernichten», sagt er laut Übersetzung. Die Bundestagsabgeordneten waren vor der Rede aufgestanden und begrüßten den auf einer Videoleinwand zugeschalteten Selenskyj mit Applaus.

Solche Ansprachen hat er unter anderem auch schon im US-Kongress und im EU-Parlament gehalten. Eine Aussprache gibt es anschließend nicht. Die CDU/CSU und der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hatten eine Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gefordert. 

Die Parlamentssitzung hatte mit leichter Verspätung begonnen. Es habe technische Probleme gegeben, weil es in Kiew «einen Anschlag in unmittelbarer Nähe» gab, sagte Göring-Eckardt. Als Selenskyj auf einer Videowand zu sehen ist, spenden die Abgeordneten Applaus im Stehen.

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Entscheidung verteidigt, nach der Videoansprache keine gesonderte Ukraine-Debatte anzuschließen. «Ich glaube, in so einem Moment ist Zuhören eine echte Stärke», sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in einer Bundestagsdebatte zum russischen Krieg gegen die Ukraine. «Zuhören, das Wort stehen lassen. Auch die Vorwürfe, die es geben wird, stehen lassen», ergänzte Baerbock, die darauf anspielte, dass Selenskyj der Bundesregierung mangelnde Unterstützung im Kampf gegen Russland vorhalten könnte.

17.03.2022