"Fleischskandal bei Lidl": Tierschützer zeigen erschütternde Aufnahmen

Foto: Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt/Youtube

Foto: Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt/Youtube

Tierschutzorganisationen haben Undercover-Aufnahmen aus dem Maststall eines Lidl-Lieferanten veröffentlicht. Auf ihnen ist zu sehen, wie Masthühner nicht nur unter ihren Haltungsbedingungen, sondern auch unter den Folgen ihres angezüchteten Extrem-Wachstums leiden.

Die Aufnahmen entstanden bei verdeckten Ermittlungen im Sommer 2022. Gefilmt wurde über mehrere Tage in Niedersachsen, in einem Stall eines großen Lidl-Lieferanten. Die Hühner des Lieferanten werden nach Informationen der Tierschützer:innen unter anderem zu Produkten der Lidl-Eigenmarken "Metzgerfrisch" und "Grillmeister" verarbeitet.

Die Videos zeigen Masthühner, die in vollen, trostlosen Ställen vor sich hinvegetieren und Probleme haben, sich auf den Beinen zu halten. Denn die Tiere sind auf ein explosionsartiges Wachstum hin gezüchtet, besonders die Brustmuskulatur wird unnatürlich groß. Knochen und Organe der Tiere sind damit überlastet. Schmerzen, Deformationen und Organversagen sind die Folgen.

Lidl-Label "Initiative Tierwohl" 

All das gehört zum Alltag der Masthühner bei Lidl - denn auch das von Lidl verwendete Label der "Initiative Tierwohl" erlaubt den Einsatz von Qualzuchten. In den Aufnahmen sind kranke, sterbende, tote und verweste Tiere zu sehen. Die Mitarbeiter übersehen in den riesigen, vollen Ställen offenbar tote Tiere, die dann zwischen ihren Artgenossen bis zur Verwesung liegen bleiben. Solche skandalösen Zustände sind Normalität in der konventionellen Tierhaltung. Es ist einkalkuliert, dass rund 5 Prozent der Tiere schon vor der Schlachtung sterben.

Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung, sagt, Lidl macht sich unglaubwürdig:

"Lidls Hühnerfleisch aus 'Stallhaltung Plus' kommt von Qualzucht-Hühnern aus trostlosen Massenställen. Das belegen die Recherchen. Stellt Lidl sich das unter 'Qualität' und 'Tierwohl' vor? Wir fordern Lidl auf, Verantwortung zu übernehmen: Setzen Sie die Mindeststandards der Europäischen Masthuhn-Initiative für alle Hühner um!"

Lidls Konkurrent Aldi hat sich - wie einst beim Auslisten von Käfigeiern - als erster deutscher Lebensmitteleinzelhändler zu mehr Tierschutz in der Hühnermast verpflichtet. Weitere Unternehmen der Branche sind dem Beispiel gefolgt. Sie werden die Tierschutzkriterien der Masthuhn-Initiative gemeinsam mit ihren Lieferanten umsetzen. Lidl beharrt dagegen nur auf dem "Haltungsform"-System und plant bis 2026 lediglich, den Anteil von Premiumfleisch der Stufen Drei und Vier auf 30 Prozent zu erhöhen.

Das sieht die Albert Schweitzer Stiftung als Versuch, günstig um das Thema Tierschutz herumzukommen:

"Lidls Ziel lautet kurz gesagt: 2026 verkaufen wir immer noch 70 % unseres Hühnerfleischs aus Qualzucht. Die Europäische Masthuhn-Initiative zielt dagegen auf einen neuen Mindeststandard für alle Hühner. Aldi, Bünting, Globus, Norma und Tegut machen im Rahmen der Initiative bereits Tierschutz für nahezu 100 % der Masthühner, dann wird Lidl das ja wohl auch schaffen", erklärt Mahi Klosterhalfen.


Lidl äußert sich zu Vorwürfen

Lidl äußert sich gegenüber der "London Times" zu den Vorwürfen und teilte mit, dass sie "entschieden gegen Tierquälerei" und die gezeigten Zustände "nicht akzeptabel" sind. Zudem teilt Lidl mit, dass sie ihre Zulieferer kontaktiert haben, um die Anschuldigungen zu überprüfen. Der Lieferant jedoch weist die Vorwürfe deutlich zurück und teilt mit, dass Verletzungen des Tierschutzes in keinster Weise geduldet seien.

Die Albert Schweitzer Stiftung hat gemeinsam mit anderen europäischen Tierschutzorganisationen die europäische Masthuhn-Initiative ins Leben gerufen, um die größten Probleme der Hühnermast anzugehen. Bis zu 35 Tierschutzorganisationen stehen hinter der Initiative und mehr als 500 Unternehmen weltweit sind bereits an Bord. Die Stiftung und ihre Mitstreiter hatten auch Lidl im Voraus mehrfach kontaktiert. Dort blockte man ernsthafte Gespräche jedoch ab.

Über die Aufnahmen:
Die Aufnahmen entstanden bei verdeckten Ermittlungen im Sommer 2022. Gefilmt wurde über mehrere Tage in Niedersachsen, in einem Stall eines großen Lidl-Lieferanten.
Achtung: Im Video sind kranke und tote Tiere zu sehen.

25.10.2022