Kontroverser Trend: Melatonin-Gummibärchen als Schlafmittel für Kinder

Es ist ein fragwürdiger Trend, der gerade aus den USA zu uns herüberschwappt: Eltern verabreichen ihren Kindern ein Hormon in Form von Gummibärchen, das den Schlaf-Wach-Zyklus regulieren soll. Einige Mütter werden deshalb dort schon "Melatonin-Mums" genannt.

 

Kinder "ausgeknockt" durch Melatonin

Erst kürzlich hatte US-Schauspielerin Kirsten Bell öffentlich gemacht, dass sie ihren zwei Töchtern (sieben und neun Jahre) zum Einschlafen Melatonin-Gummibärchen gibt, die die beiden – Zitat Bell – "ausknocken". Vertragen würden die Mädchen das Hormon ohne Probleme. Der Hollywood-Star musste in den Medien mächtig Kritik für die Erziehungsmethode einstecken. 

Auch hierzulande sieht man inzwischen immer häufiger Werbung für solche "Melatonin-Gums". Kann das wirklich ein geeignetes Hilfsmittel sein, um Kindern das Einschlafen zu erleichtern? Der renommierte Schlaf-Experte Dr. Martin Schlott hat im Gespräch mit Gong 96.3 für Klarheit gesorgt.

 

"Körpereigenen Regelkreis" nicht manipulieren

"Ich würde Kindern wirklich nur äußert ungern Melatonin geben und damit in den körpereigenen Regelkreis eingreifen. Wenn Kinder nicht schlafen können, würde ich gucken, wie ihr Verhalten tagsüber ist. Bekommen sie ausreichend Tageslicht ab? Bewegen sie sich genug? […] Da muss ich mich als Erwachsener eben auch manchmal abends daneben setzen und noch etwas vorlesen, oder mir einfach die Sorgen und Nöte der Kinder anhören und gucken, dass sie so gut schlafen können", so Dr. Schlott.

Bei Erwachsenen ab 60 Jahren kann die Einnahme von Melatonin aber tatsächlich sinnvoll sein, weil die körpereigene Produktion des Hormons ab diesem Alter beginnt, nachzulassen. Damit kann also durchaus eine gute Nachtruhe herbeigeführt werden. Allerdings sollte vorab mit dem Hausarzt darüber gesprochen werden, rät der Schlaf-Experte.

Für Kinder ist das Hormon aber wohl sicherlich nichts.  

 

06.09.2022