CSU-Mehrheit setzt umstrittene Skischaukel durch

09.11.2017, 15:11

Obwohl kaum ein Bürger weiß, was in einem Landesentwicklungsprogramm steht, sorgt seine jüngste Reform im Landtag für großen Ärger. Dafür verantwortlich sind zwei Punkte, die wahrlich umstritten sind. 

München (dpa) - Mit ihrer Mehrheit im Landtag hat die CSU die umstrittene Reform des Landesentwicklungsprogramms (LEP) beschlossen - und damit auch den Weg für eine Skischaukel im Allgäu frei gemacht. Freie Wähler, Grüne und SPD stimmten am Donnerstag bei der Abstimmung im Maximilianeum gegen die umstrittene Novelle. 

Heimat- und Finanzminister Markus Söder (CSU) verteidigte die Reform, mit der unter anderem die Regeln für Gewerbegebiete abseits bestehender Siedlungen gelockert werden. "Der ländliche Raum ist kein Museum, sondern der ländliche Raum ist Zukunftsraum, den wir in Bayern stärken und erhalten wollen", sagte er. Neben "sensiblem
Wachstum" in den Städten brauche es "Beschleunigung" auf dem Land. 

Der Streit über die geplante Skischaukel am Riedberger Horn dauert schon Jahre: Die Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein wollen ihre Skigebiete mit einem neuen Skilift verbinden, um angesichts der Konkurrenz in Österreich attraktiv zu bleiben. Dafür werden nun 80 Hektar dafür benötigte Fläche aus der strengsten Alpen-Schutzzone C herausgenommen - und eine Ersatzfläche von 304 Hektar neu dort aufgenommen. Den Liftbau an sich muss dann das Landratsamt endgültig prüfen und genehmigen. Ob das Projekt am Ende umgesetzt werden kann, ist aber ohnehin noch offen: Die Kritiker drohen mit Klagen. 

Söder verteidigte die für den Skilift-Bau nötige LEP-Änderung. Dies sei ein Einzelfall, und er werde dies seiner Einschätzung nach auch bleiben. Und die strenge Schutzzone C werde unter dem Strich sogar vergrößert: "Es gibt mehr Naturschutz dort und nicht weniger." Der CSU-Wirtschaftsexperte Erwin Huber betonte: "Wir geben heute nicht grünes Licht für eine Maximalplanung zur Zerstörung der Alpen, sondern öffnen die Tür für eine verantwortliche Planung." Der Alpenplan gilt seit 45 Jahren.

"Obwohl gerade die Allgäuer Bürger sich in diesem Sommer zu Tausenden gegen die Alpenplanänderung ausgesprochen haben, wurde die Entscheidung über unsere Köpfe hinweg getroffen", sagte der Sprecher des Allgäuer Freundeskreises Riedberger Horn, Martin Simon. Bis zuletzt hatte die Bürgerbewegung auf ein Scheitern der Reform gehofft und dazu kürzlich auch noch das Gespräch mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gesucht. Simon betont, dass mit der Entscheidung im Landtag der Bau der Skischaukel keineswegs gesichert sei. Der Ball liege jetzt beim Landratsamt Oberallgäu.

Auch der Deutsche Alpenverein reagierte mit massiver Kritik: "Die Änderung des Alpenplans ist sowohl in touristischer als auch in ökologischer Hinsicht eine Katastrophe", sagte Vizepräsident Rudi Erlacher. Für ein einzelnes Projekt solle der im gesamten bayerischen Alpenraum wirksame Alpenplan an entscheidender Stelle geschwächt
werden. "Damit schafft die Staatsregierung einen Präzedenzfall, der Tür und Tor öffnet für Erschließungsvorhaben in weiteren sensiblen und höchst schutzwürdigen Bereichen der Bayerischen Alpen."

Die SPD-Politikerin Anette Karl griff Söder frontal an: Beratungsresistenz sei nicht gut für einen Politiker, der höhere Ämter anstrebe. Das LEP sei kein Gesellenstück, sondern einfach nur Stümperei. Karl warf der CSU "Verschandelung von Heimat" vor. "Es ist alles nur Blabla, was sie zum Heimatschutz sagen", sagte sie.

Martin Stümpfig (Grüne) schimpfte, der CSU-Kurs beim LEP sei "wachstumsgeil, neoliberal und verantwortungslos". Für eine LEP-Reform brauche es Fingerspitzengefühl, aber Fingerspitzengefühl und Söder passten nicht zusammen. Joachim Hanisch (Freie Wähler) kritisierte: "Markus Söder verhält sich wie ein uneinsichtiger Geisterfahrer." Auch wenn Akademien, Verbände und Kammern unisono anderer Meinung seien, halte dieser stur Kurs - im Gegenverkehr.

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